III. Patientenrechte in der Behandlung
Recht auf qualifizierte Behandlung
Der Patient hat ein Recht auf eine sichere, sorgfältige und qualifizierte Behandlung. Dies setzt voraus, dass die Behandlung wissenschaftlich gesichert und/oder aufgrund praktischer ärztlicher Erfahrung in der Ärzteschaft akzeptiert ist. Die Wirksamkeit der Patientenbehandlung ist zu optimieren und ihre Risiken sind zu minimieren. Über die Wirkung der Behandlung ist der Patient zu informieren.
Eine Behandlung, die diesen Erfordernissen nicht entspricht, aber dennoch ärztlich vertretbar ist, darf nur durchgeführt werden, wenn der Patient über die Unsicherheit der Behandlung und über ihre Nutzen und Risiken aufgeklärt wurde und daraufhin eingewilligt hat.
Arzneimittel oder Medizinprodukte, die zur Behandlung eingesetzt werden, müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen erfüllen. Dafür tragen der Hersteller, teilweise auch Arzt oder Krankenhaus, die Verantwortung.
Sind in einer Praxis oder im Krankenhaus die erforderlichen organisatorischen, personellen (z. B. Ausbildung des Personals, Spezialisierung) oder sachlichen (z. B. medizinische Geräte, Hygienestandards) Voraussetzungen einer Behandlung nicht oder nicht mehr gegeben, so ist der Patient unverzüglich an einen geeigneten Arzt oder ein geeignetes Krankenhaus zu überweisen. Zumindest ist der Patient über die Situation zu informieren. Eine Überweisung an einen anderen Arzt oder ein anderes Krankenhaus ist dann notwendig, wenn der erforderliche Standard nicht gewährleistet ist.
Recht auf qualifizierte Pflege und Versorgung
Der Patient hat während der Behandlung auch ein Recht auf qualifizierte Pflege und Betreuung und auf den Schutz seiner Privatsphäre. Bei stationären Behandlungen hat der Patient außerdem ein Recht auf eine angemessene und sichere Unterbringung und Versorgung sowie die Möglichkeit, Besuche zu empfangen oder abzulehnen.
Der Patient ist zu informieren, wer für seine Behandlung und Pflege zuständig ist. Andere Personen als das Behandlungs- und Pflegepersonal dürfen bei therapeutischen Gesprächen (auch Visiten) und der Behandlung nur nach vorheriger Zustimmung des Patienten anwesend sein. Der Arzt kann den Wunsch des Patienten, weitere Personen hinzuziehen, nur in begründeten Fällen ablehnen und muss sich um eine Einigung mit dem Patienten bemühen.
Wahlrechte des Patienten
Der Patient hat ein Recht auf freie Arzt- und Krankenhauswahl. Dies schließt im ambulanten Bereich das Recht ein, den Arzt zu wechseln.
Im Notfall hat der Patient ein Recht auf sofortige Behandlung.
Der Patient hat ein Recht auf die Wahl zwischen Behandlung und Nichtbehandlung. Wenn mehrere gleichwertige medizinische Behandlungen oder Behandlungsmethoden bestehen, hat er die Möglichkeit zu wählen. Ist zwischen Arzt und Patient darüber kein Einverständnis herzustellen, kann der Arzt die Behandlung ablehnen.
Der gesetzlich Krankenversicherte kann unter den zugelassenen Behandlern auswählen. Das Behandlungsrecht umfasst die in der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannten Behandlungsmethoden. In der ambulanten Behandlung kann der Versicherte neue Behandlungsmethoden beanspruchen, wenn sie ein Anerkennungsverfahren durchlaufen haben. Dies gilt auch für alternative Behandlungsverfahren. Behandlungsmethoden der sogenannten besonderen Therapierichtungen und Außenseitermethoden sind nur sehr eingeschränkt in der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten.
Niemand kann zur Behandlung gezwungen werden und niemand darf eine Behandlung erzwingen. In seltenen Ausnahmefällen kann der Staat Anordnungen treffen, die die Gesundheit und Selbstbestimmung des Patienten berühren (z. B. die Einweisungsmöglichkeit nach dem Unterbringungsrecht oder die Pflicht, Untersuchungen nach dem Bundesseuchengesetz zu dulden).
Jeder Patient sollte die Entscheidung über eine Behandlung nach eingehender Beratung durch den Arzt seines Vertrauens treffen.
Der Patient kann eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Er sollte sich vorher aber über Kostenfolgen informieren.
Mitwirkung des Patienten an der Behandlung
Jede Behandlung erfordert die Mitwirkung des Patienten. Die Verständigung zwischen Arzt und Patient ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Behandlung.
Eine erfolgreiche Behandlung hängt wesentlich von der Bereitschaft des Patienten ab, die ärztlichen Empfehlungen zu beachten (z. B. Arzneimitteleinnahme, Regeln der Lebensführung, Information des Arztes über unerwünschte Wirkungen einer Behandlung). Der Arzt muss den Patienten in Kenntnis setzen, welches Verhalten wünschenswert ist, um den Behandlungserfolg zu sichern und Gefahren der Behandlung abzuwenden.
Beispielsweise muss der Arzt über die Dosierung, den Zeitpunkt der Einnahme und das richtige Verhalten beim Auftreten unerwünschter Wirkungen eines Arzneimittels informieren. Nur so kann der Patient an der erfolgreichen Durchführung der Behandlung mitwirken. Diese Information muss verständlich erfolgen.
Von den Verhaltensregeln sollte nur nach einem persönlichen Gespräch mit dem Arzt abgewichen werden. Bei anhaltend fehlender Bereitschaft des Patienten zur Mitwirkung, die zu einer dauerhaften Störung des Vertrauensverhältnisses führt, kann der Arzt die weitere Behandlung ablehnen.
Über etwaige gesundheitliche Folgen des Behandlungsabbruchs muss der Arzt den Patienten aufklären.
Dokumentation der Behandlung
Jede Behandlung muss, soweit medizinisch erforderlich, dokumentiert werden, um Ärzten und Patienten die Information über die Behandlung zu ermöglichen. Zu dokumentieren sind die wichtigsten präventiven, diagnostischen, therapeutischen und nachsorgenden Maßnahmen und Verlaufsdaten. Die Dokumentation ist vor unbefugtem Zugriff und vor nachträglichen Veränderungen zu schützen.
Einsichtsrecht
Jeder Patient hat ein Recht auf Einsicht in diese Dokumentation, ohne dass er ein besonderes Interesse erklären muss. Das Einsichtsrecht erstreckt sich nach der Rechtsprechung und dem ärztlichen Berufsrecht nicht auf den Teil der Dokumentation, der subjektive Eindrücke und Wahrnehmungen des Arztes enthält. Aus datenschutzrechtlicher Sicht wird die Auffassung vertreten, dass nach dem Bundesdatenschutzgesetz auch dieser Teil der ärztlichen Aufzeichnungen zu offenbaren ist.
Um sein Einsichtsrecht wahrzunehmen, kann der Patient einen Arzt oder eine sonstige Person seines Vertrauens mit der Einsicht beauftragen. Patienten können Kopien der Dokumentation von dem behandelnden Arzt oder Krankenhaus anfordern, die in angemessener Zeit erstellt werden müssen.
In der Regel hat der Patient die Kopierkosten zu tragen.
Das Einsichtsrecht bezieht sich auch auf Befunde und Röntgenbilder. Der Patient kann sich Röntgenbilder ausleihen, muß sie aber zurückgeben. Bei einem Arztwechsel lassen sich dadurch Doppeluntersuchungen und damit verbundene Belastungen und Kosten vermeiden.
Das Einsichtsrecht kann in Ausnahmefällen eingeschränkt sein, unter anderem, wenn Rechte anderer in die Behandlung einbezogener Personen (z.B. Angehörige, Freunde) berührt werden. Diese Einschränkung ist vom Arzt zu begründen.
Nach einer Behandlung im Krankenhaus wird in der Regel ein ”Arztbrief” an den weiterbehandelnden (Vertrags-)Arzt ausgestellt. Patienten haben das Recht, auch diesen Arztbrief einzusehen und zu bestimmen, wer ihn erhält.
Vertraulichkeit der Patientendaten und Datenschutz
Der Patient hat einen Anspruch darauf, daß Arzt und Krankenhaus seine Unterlagen vertraulich behandeln. Diese ärztliche Schweigepflicht besteht auch gegenüber anderen Ärzten, die nicht in die Behandlung einbezogen sind. Für Zwecke der Leistungsabrechnung, der Sicherheit und Kontrolle sehen Gesetze einzelne Ausnahmen von der Schweigepflicht vor.
Anderen Personen - auch Angehörigen und Seelsorgern - darf der Gesundheitszustand eines Patienten nur dann offenbart werden, wenn es seinem Willen entspricht. Dieser Wille kann ausdrücklich erklärt werden oder den Umständen zu entnehmen sein.
Der Patient hat darüber hinaus weitergehende Datenschutzrechte. Er muss benachrichtigt werden, wenn seine Angaben erstmals in einer Datei gespeichert werden, ohne dass ihm das erkennbar ist. Er kann über alle Informationen Auskunft verlangen, die zu seiner Person in einer Datei gespeichert sind einschließlich der Herkunft, des Speicherungszwecks und regelmäßiger Übermittlungsempfänger dieser Daten. Haben Arztpraxis oder Krankenhaus unrichtige Daten gespeichert, hat der Patient einen gesetzlichen Berichtigungsanspruch. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen kann der Patient die Löschung seiner Daten verlangen. Der Patient hat schließlich einen datenschutzrechtlichen Anspruch darauf, dass Arzt und Krankenhaus seine gespeicherten Daten technisch und organisatorisch vor Zerstörung, Änderung und unbefugtem Zugriff schützen.
Übernahme der Behandlungskosten in der Gesetzlichen Krankenversicherung
Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Versorgung bei Krankheit und Schwangerschaft. Die Behandlung muss notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Ein familienversicherter Patient kann seine Leistungsansprüche eigenständig gegenüber der Krankenkasse geltend machen.
Der Anspruch auf einige Leistungen wird speziell geregelt (z.B. Sterilisation, Empfängnisverhütung, Früherkennung von Krankheiten, zahnärztliche Individual- und Gruppenprophylaxe).
Leistungsausschlüsse bestehen u. a. bei bestimmten nicht zweckmäßigen oder unwirtschaftlichen Arzneimitteln, Leistungsbegrenzung z. B. bei Zahnersatz.
Aufklärung über die Kostenübernahme
Bevor der Patient Leistungen in Anspruch nimmt, deren Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung nicht gesichert ist, muss der Arzt oder das Krankenhaus den Patienten darüber informieren. Der Patient entscheidet dann, ob er diese Behandlung gleichwohl in Anspruch nehmen und selbst bezahlen will.