II. Patientenrechte auf sorgfältige Information

Eine sorgfältige Patientenaufklärung und ärztliche Beratung und das vertrauensvolle Gespräch mit dem Arzt sind die besten Voraussetzungen für eine angemessene Vorsorge, Diagnose, Therapie und Nachsorge.


Recht auf Information

Patienten haben ein Recht in einem persönlichen Gespräch von ihrem Arzt vor der Behandlung verständlich, sachkundig und angemessen aufgeklärt und beraten zu werden. Dies umfasst je nach Erkrankung:

  • die geeignete Vorbeugung,
  • die Diagnose,
  • Nutzen und Risiken diagnostischer Maßnahmen,
  • Nutzen und Risiken der Behandlung sowie der zur Anwendung kommenden Arzneimittel und Medizinprodukte
  • Chancen der Behandlung im Vergleich zum Krankheitsverlauf ohne Behandlung,
  • die Behandlung der Erkrankung und ihre Alternativen, soweit sie mit unterschiedlichen Risiken verbunden sind,
  • Nutzen und Risiken der Behandlung sowie
  • eine eventuell erforderliche Nachbehandlung.

Dies gilt entsprechend auch für Schwangerschaften und Geburten.

Aufklärung und Beratung müssen auch für Patienten, die sich mit dem Arzt sprachlich nicht verständigen können, verstehbar sein. Der Arzt muss sich davon überzeugen, dass der Patient die Information versteht und verstanden hat. Der Arzt ist allerdings nicht für die Hinzuziehung eines Dolmetschers verantwortlich und kann eine Behandlung ablehnen, soweit es sich nicht um einen Notfall handelt.


Einwilligung

Vor jeder Behandlung muss der Patient seine Einwilligung geben. (Ausnahme: Notfallbehandlung nach mutmaßlicher Einwilligung). Die Einwilligungserklärung sollte ausdrücklich erfolgen, kann sich aber auch aus eindeutigen Umständen ergeben (z. B. der Patient erscheint zur angesetzten Behandlung).

Die wirksame Einwilligung des Patienten ist zwingende Voraussetzung der ärztlichen Behandlung.

Eine Einwilligung kann nur wirksam sein, wenn der Patient vorher aufgeklärt wurde oder eindeutig darauf verzichtet hat.

Wirksam einwilligen kann nur, wer einwilligungsfähig ist. Einwilligungsfähig sind auch Betreute und Minderjährige, wenn sie die nötige Einsichtsfähigkeit besitzen. Gerichte fordern teilweise auch bei vorhandener Einwilligungsfähigkeit die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters in die Behandlung (z. B. Schwangerschaftsabbruch). Wird diese verweigert, kann sie unter bestimmten Bedingungen durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Bei fehlender Einwilligungsfähigkeit ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des vom Vormundschaftsgericht bestellten Betreuers erforderlich. Die Bestellung eines Betreuers ist entbehrlich, wenn der Patient rechtzeitig eine Person seines Vertrauens für die Zustimmung in Gesundheitsangelegenheiten bevollmächtigt hat. (Vorsorgevollmacht).

Wenn der Patient nicht ansprechbar ist, reicht bei lebens- und gesundheitserhaltenden Notfallbehandlungen seine mutmaßliche Einwilligung aus. Diese sollte durch Auskünfte naher Angehöriger (auch Lebenspartnerin/Lebenspartner, Freunde) gestützt werden.


Umfang der Aufklärung

Der Umfang der Aufklärung richtet sich insbesondere nach der Schwere und der Dringlichkeit des Eingriffs. Je dringlicher der Eingriff ist, desto weniger Zeit bleibt für die Information; trotzdem muss eine Aufklärung erfolgen. Kann man die Behandlung vorausplanen, gilt eine solche Einschränkung nicht.

Im allgemeinen genügt eine Aufklärung ”im großen und ganzen”. Der Patient muss also nicht über medizinische Details informiert werden, sondern es reicht aus, wenn die für die Lebensführung des Patienten wichtigen Informationen gegeben werden. Dies sind insbesondere der Nutzen der Behandlung, ihre Risiken, die Auswirkungen und Verhaltensanweisungen für die weitere Lebensführung. Über in der Bevölkerung allgemein bekannte Risiken einer Behandlung (z. B. Risiko von Wundinfektionen) muss nicht aufgeklärt werden.

Auch über Nutzen und Risiken der Anwendung von Arzneimitteln und Medizinprodukten muss der Arzt aufklären.

Patienten haben über die allgemeine Informationspflicht des Arztes hinaus das Recht zu fragen. Der Arzt ist verpflichtet, auf diese Fragen wahrheitsgemäß, vollständig und verständlich zu antworten.


Information über Versuchsbehandlungen

Es gibt Behandlungen, deren Wirksamkeit und Sicherheit wissenschaftlich noch nicht abgesichert sind, die aber unter Umständen die einzige Chance auf eine Verbesserung des Krankheitszustandes darstellen. Dies können z. B. individuelle Heilversuche oder klinische Prüfungen sein. Insbesondere klinische Prüfungen werden von Ethikkommissionen begutachtet und unterliegen einer gesonderten Versicherungspflicht.

Der Patient hat auch hier das Recht, diese Behandlungen ohne Angabe von Gründen abzulehnen, ohne dass ihm dadurch ein Nachteil erwächst. Nimmt der Patient an einem Heilversuch oder einer klinischen Prüfung teil, kann er wie auch sonst die einmal erteilte Einwilligung jederzeit zurücknehmen.

Über eine mögliche Teilnahme an Versuchsbehandlungen muss umfassend und vollständig informiert werden. Hier reicht eine Information "im großen und ganzen" nicht aus.

Stattdessen muss bei Versuchsbehandlungen über Durchführungsbedingungen, Nutzen und Risiken sowie über Behandlungsalternativen vollständig aufgeklärt werden. Dazu gehört im Falle einer klinischen Prüfung auch die Information darüber, welche Chancen der Patient hat, tatsächlich die neue Behandlung zu erhalten.


Zeitpunkt der Aufklärung

Der Patient muss rechtzeitig vor der Behandlung aufgeklärt werden. Der richtige Zeitpunkt hängt von der Art der Behandlung und ihrer Dringlichkeit ab. Wird ein Eingriff geplant, dann muss die Aufklärung spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme des Eingriffs erfolgen.

Auch bei kleineren Eingriffen, die stationär vorgenommen werden, muss eine Aufklärung rechtzeitig am Tag davor stattfinden.

Bei ambulanten Eingriffen kann dagegen eine Aufklärung erst am Tage des Eingriffs noch rechtzeitig sein.


Wer klärt den Patienten auf?

Zur Aufklärung verpflichtet ist in der Regel der behandelnde Arzt. Im Krankenhaus kann das auch ein anderer Arzt sein, der mit der Behandlung vertraut ist. Bei Eingriffen unter Narkose ist der Narkosearzt zusätzlich für die Narkoseaufklärung zuständig. Nichtärztliches Personal darf keine ärztlichen Aufklärungsaufgaben übernehmen.


Wer ist außer dem Patienten zu informieren?

Der Patient entscheidet, wen der Arzt außer ihm oder statt seiner informieren darf oder soll. Eine solche Entscheidung des Patienten kann ausdrücklich erfolgen oder sich aus den Umständen ergeben.

Der Arzt ist daran gebunden und darf nur die Vertrauensperson informieren. Diesen Personen steht dann ein Recht auf Auskunft über den Gesundheitszustand des Patienten zu.
Ist der Patient zu einer solchen Entscheidung nicht in der Lage, ist sein mutmaßlicher Wille zu ermitteln.


Verzicht auf Aufklärung

Patienten haben das Recht, auf die ärztliche Aufklärung zu verzichten. Dies sollten Patienten eindeutig äußern. Der Arzt hat nicht das Recht, von der Aufklärung nach eigenem Ermessen abzusehen, ausgenommen, wenn Leben oder Gesundheit des betreffenden Patienten durch die Aufklärung erheblich und konkret gefährdet würde.


Dokumentation der Aufklärung

Ebenso wie die Behandlung ist die Patientenaufklärung zu dokumentieren. In Arztpraxen und Krankenhäusern können zur Erleichterung der Dokumentation der Aufklärung Formulare oder Aufklärungsbögen verwendet werden, die unter anderem den Nutzen und die Risiken der Behandlung beschreiben und Besonderheiten des individuellen Aufklärungsgesprächs festhalten. Diese Dokumente werden zu den Krankenakten des Patienten genommen, nachdem sie von ihm unterschrieben sind. Formulare und Aufklärungsbögen ersetzen in keinem Fall das Aufklärungsgespräch. Bezüglich der Einsichtnahme und der Erstellung von Abschriften oder Kopien wird auf das dritte Kapitel verwiesen.


Information und Beratung durch Krankenkassen und andere Stellen

Die Krankenkasse muss den Patienten individuell über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beraten.

Versicherte haben auf Antrag einen Anspruch an ihre Krankenkasse auf Information über die in einem Geschäftsjahr in Anspruch genommenen Leistungen.

Die Sozialleistungsträger haben die Pflicht, der Bevölkerung eine allgemeine Aufklärung über die sozialrechtlichen Rechte und Pflichten zu geben.

Der öffentliche Gesundheitsdienst erfüllt durch die kommunalen Gesundheitsämter viele Aufgaben der Beratung, Förderung und Hilfe in gesundheitlichen Belangen, bei Krankheit und Behinderung.

Es besteht ein Anspruch auf Gewährung der gesetzlich vorgesehenen Leistungen. Die Sozialhilfebehörden beraten, informieren und unterstützen bei Behinderung.

Ärzte- und Zahnärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen, Pflegeorganisationen, Patienten und Selbsthilfeorganisationen, Verbraucherschutzverbände und unabhängige Patientenberatungsstellen beraten und informieren über gesundheitliche Belange. Darüber hinaus bieten neben den Rechtsanwälten auch Patienten- und Selbsthilfeorganisationen, Verbraucherschutzverbände und unabhängige Patientenberatungsstellen Unterstützung bei der Durchsetzung von Patientenrechten.