Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI)
- Fünftes Kapitel -
Organisation
Erster Abschnitt - Träger der Pflegeversicherung
§ 46 Pflegekassen
(1) Träger der Pflegeversicherung sind die Pflegekassen. Bei jeder Krankenkasse (§ 4 Abs. 2 des Fünften Buches) wird eine Pflegekasse errichtet. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See führt die Pflegeversicherung für die knappschaftlich Versicherten durch.
(2) Die Pflegekassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Organe der Pflegekassen sind die Organe der Krankenkassen, bei denen sie errichtet sind. Arbeitgeber (Dienstherr) der für die Pflegekasse tätigen Beschäftigten ist die Krankenkasse, bei der die Pflegekasse errichtet ist. Bei der Ausführung dieses Buches ist das Erste Kapitel des Zehnten Buches anzuwenden.
(3) Die Verwaltungskosten einschließlich der Personalkosten, die den Krankenkassen auf Grund dieses Buches entstehen, werden von den Pflegekassen in Höhe von 3,5 vom Hundert des Mittelwertes von Leistungsaufwendungen und Beitragseinnahmen erstattet. Der Gesamtbetrag der nach Satz 1 zu erstattenden Verwaltungskosten aller Krankenkassen ist nach dem tatsächlich entstehenden Aufwand (Beitragseinzug/Leistungsgewährung) auf die Krankenkassen zu verteilen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen bestimmen das Nähere über die Verteilung; § 213 des Fünften Buches gilt. Außerdem übernehmen die Pflegekassen 50 vom Hundert der Kosten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Personelle Verwaltungskosten, die einer Betriebskrankenkasse von der Pflegekasse erstattet werden, sind an den Arbeitgeber weiterzuleiten, wenn er die Personalkosten der Betriebskrankenkasse nach § 147 Abs. 2 des Fünften Buches trägt. Der Verwaltungsaufwand in der sozialen Pflegeversicherung ist nach Ablauf von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu überprüfen.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über die Erstattung der Verwaltungskosten zu regeln sowie die Höhe der Verwaltungskostenerstattung neu festzusetzen, wenn die Überprüfung des Verwaltungsaufwandes nach Absatz 3 Satz 6 dies rechtfertigt.
(5) Bei Vereinigung, Auflösung und Schließung einer Krankenkasse gelten die §§ 143 bis 172 des Fünften Buches für die bei ihr errichtete Pflegekasse entsprechend.
(6) Die Aufsicht über die Pflegekassen führen die für die Aufsicht über die Krankenkassen zuständigen Stellen. Das Bundesversicherungsamt und die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder haben mindestens alle fünf Jahre die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung der ihrer Aufsicht unterstehenden Pflegekassen zu prüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung kann die Prüfung der bundesunmittelbaren Pflegekassen, die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder können die Prüfung der landesunmittelbaren Pflegekassen auf eine öffentlich-rechtliche Prüfungseinrichtung übertragen, die bei der Durchführung der Prüfung unabhängig ist. Die Prüfung hat sich auf den gesamten Geschäftsbetrieb zu erstrecken; sie umfasst die Prüfung seiner Gesetzmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Pflegekassen haben auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Prüfung erforderlich sind. § 274 Abs. 2 und 3 des Fünften Buches gilt entsprechend.
§ 47 Satzung
(1) Die Satzung muss Bestimmungen enthalten über:
- Name und Sitz der Pflegekasse,
- Bezirk der Pflegekasse und Kreis der Mitglieder,
- Fälligkeit und Zahlung der Beiträge,
- Rechte und Pflichten der Organe,
- Art der Beschlussfassung der Vertreterversammlung,
- Bemessung der Entschädigungen für Organmitglieder, soweit sie Aufgaben der Pflegeversicherung wahrnehmen,
- jährliche Prüfung der Betriebs- und Rechnungsführung und Abnahme der Jahresrechnung,
- Zusammensetzung und Sitz der Widerspruchsstelle und
- Art der Bekanntmachungen.
(2) Die Satzung und ihre Änderungen bedürfen der Genehmigung der Behörde, die für die Genehmigung der Satzung der Krankenkasse, bei der die Pflegekasse errichtet ist, zuständig ist.
§ 47a Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen
§ 197a des Fünften Buches gilt entsprechend. Die organisatorischen Einheiten nach § 197a Abs. 1 des Fünften Buches sind die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei den Pflegekassen, den Landesverbänden der Pflegekassen und den Spitzenverbänden der Pflegekassen.
Zweiter Abschnitt - Zuständigkeit, Mitgliedschaft
§ 48 Zuständigkeit für Versicherte einer Krankenkasse und sonstige Versicherte
(1) Für die Durchführung der Pflegeversicherung ist jeweils die Pflegekasse zuständig, die bei der Krankenkasse errichtet ist, bei der eine Pflichtmitgliedschaft oder freiwillige Mitgliedschaft besteht. Für Familienversicherte nach § 25 ist die Pflegekasse des Mitglieds zuständig.
(2) Für Personen, die nach § 21 Nr. 1 bis 5 versichert sind, ist die Pflegekasse zuständig, die bei der Krankenkasse errichtet ist, die mit der Leistungserbringung im Krankheitsfalle beauftragt ist. Ist keine Krankenkasse mit der Leistungserbringung im Krankheitsfall beauftragt, kann der Versicherte die Pflegekasse nach Maßgabe des Absatzes 3 wählen.
(3) Personen, die nach § 21 Nr. 6 versichert sind, können die Mitgliedschaft wählen bei der Pflegekasse, die bei
- der Krankenkasse errichtet ist, der sie angehören würden, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig wären,
- der Allgemeinen Ortskrankenkasse ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes errichtet ist,
- einer Ersatzkasse errichtet ist, wenn sie zu dem Mitgliederkreis gehören, den die gewählte Ersatzkasse aufnehmen darf.
Ab 1. Januar 1996 können sie die Mitgliedschaft bei der Pflegekasse wählen, die bei der Krankenkasse errichtet ist, die sie nach § 173 Abs. 2 des Fünften Buches wählen könnten, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig wären.
§ 49 Mitgliedschaft
(1) Die Mitgliedschaft bei einer Pflegekasse beginnt mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen des § 20 oder des § 21 vorliegen. Sie endet mit dem Tod des Mitglieds oder mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen des § 20 oder des § 21 entfallen, sofern nicht das Recht zur Weiterversicherung nach § 26 ausgeübt wird.
(2) Für das Fortbestehen der Mitgliedschaft gelten die §§ 189, 192 des Fünften Buches sowie § 25 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte entsprechend.
(3) Die Mitgliedschaft freiwillig Versicherter nach den §§ 26 und 26a endet:
- mit dem Tod des Mitglieds oder
- mit Ablauf des übernächsten Kalendermonats, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied den Austritt erklärt, wenn die Satzung nicht einen früheren Zeitpunkt bestimmt.
Die Mitgliedschaft der freiwillig Versicherten endet darüber hinaus mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet wurden.
Dritter Abschnitt - Meldungen
§ 50 Melde- und Auskunftspflichten bei Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung
(1) Alle nach § 20 versicherungspflichtigen Mitglieder haben sich selbst unverzüglich bei der für sie zuständigen Pflegekasse anzumelden. Dies gilt nicht, wenn ein Dritter bereits eine Meldung nach den §§ 28a bis 28c des Vierten Buches, §§ 199 bis 205 des Fünften Buches oder §§ 27 bis 29 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte zur gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben hat; die Meldung zur gesetzlichen Krankenversicherung schließt die Meldung zur sozialen Pflegeversicherung ein. Bei freiwillig versicherten Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung gilt die Beitrittserklärung zur gesetzlichen Krankenversicherung als Meldung zur sozialen Pflegeversicherung.
(2) Für die nach § 21 versicherungspflichtigen Mitglieder haben eine Meldung an die zuständige Pflegekasse zu erstatten:
- das Versorgungsamt für Leistungsempfänger nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
- das Ausgleichsamt für Leistungsempfänger von Kriegsschadenrente oder vergleichbaren Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz oder dem Reparationsschädengesetz oder von laufender Beihilfe nach dem Flüchtlingshilfegesetz,
- der Träger der Kriegsopferfürsorge für Empfänger von laufenden Leistungen der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
- der Leistungsträger der Jugendhilfe für Empfänger von laufenden Leistungen zum Unterhalt nach dem Achten Buch,
- der Leistungsträger für Krankenversorgungsberechtigte nach dem Bundesentschädigungsgesetz,
- der Dienstherr für Soldaten auf Zeit.
(3) Personen, die versichert sind oder als Versicherte in Betracht kommen, haben der Pflegekasse, soweit sie nicht nach § 28o des Vierten Buches auskunftspflichtig sind,
- auf Verlangen über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für die Durchführung der der Pflegekasse übertragenen Aufgaben erforderlichen Tatsachen unverzüglich Auskunft zu erteilen,
- Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen
Sie haben auf Verlangen die Unterlagen, aus denen die Tatsachen oder die Änderung der Verhältnisse hervorgehen, der Pflegekasse in deren Geschäftsräumen unverzüglich vorzulegen.
(4) Entstehen der Pflegekasse durch eine Verletzung der Pflichten nach Absatz 3 zusätzliche Aufwendungen, kann sie von dem Verpflichteten die Erstattung verlangen.
(5) Die Krankenkassen übermitteln den Pflegekassen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten.
(6) Für die Meldungen der Pflegekassen an die Rentenversicherungsträger gilt § 201 des Fünften Buches entsprechend.
§ 51 Meldungen bei Mitgliedern der privaten Pflegeversicherung
(1) Das private Versicherungsunternehmen hat Personen, die bei ihm gegen Krankheit versichert sind und trotz Aufforderung innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Pflege-Versicherungsgesetzes, bei Neuabschlüssen von Krankenversicherungsverträgen innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Vertrages, keinen privaten Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen haben, unverzüglich dem Bundesversicherungsamt zu melden. Das Versicherungsunternehmen hat auch Versicherungsnehmer zu melden, die mit der Entrichtung von sechs Monatsprämien in Verzug geraten sind. Das Bundesversicherungsamt kann mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V. Näheres über das Meldeverfahren vereinbaren.
(2) Der Dienstherr hat für Heilfürsorgeberechtigte, die weder privat krankenversichert noch Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, eine Meldung an das Bundesversicherungsamt zu erstatten. Die Postbeamtenkrankenkasse und die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten melden die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bei diesen Einrichtungen versicherten Mitglieder und mitversicherten Familienangehörigen an das Bundesversicherungsamt.
(3) Die Meldepflichten bestehen auch für die Fälle, in denen eine bestehende private Pflegeversicherung gekündigt und der Abschluss eines neuen Vertrages bei einem anderen Versicherungsunternehmen nicht nachgewiesen wird.
Vierter Abschnitt - Wahrnehmung der Verbandsaufgaben
§ 52 Aufgaben auf Landesebene
(1) Die Landesverbände der Ortskrankenkassen, der Betriebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, die nach § 36 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte als Landesverband tätigen landwirtschaftlichen Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen nehmen die Aufgaben der Landesverbände der Pflegekassen wahr. § 212 Abs. 5 Satz 4 des Fünften Buches gilt entsprechend.
(2) Für die Aufgaben der Landesverbände nach Absatz 1 gilt § 211 des Fünften Buches entsprechend.
(3) Für die Aufsicht über die Landesverbände im Bereich der Aufgaben nach Absatz 1 gilt § 208 des Fünften Buches entsprechend.
§ 53 Aufgaben auf Bundesebene
(1) Die Bundesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen nehmen die Aufgaben der Bundesverbände der Pflegekassen wahr. Für die Aufgaben der Bundesverbände gilt § 217 des Fünften Buches entsprechend.
(2) Für die Aufsicht gilt § 214 des Fünften Buches entsprechend.
(3) Die Spitzenverbände der Krankenkassen nehmen die Aufgaben der Spitzenverbände der Pflegekassen wahr. Für die Wahrnehmung der Aufgaben der Spitzenverbände gilt § 213 des Fünften Buches entsprechend; kommen die erforderlichen Beschlüsse nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung gesetzten Frist zustande, entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.
§ 53a Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste
Die Spitzenverbände der Pflegekassen beschließen für den Bereich der sozialen Pflegeversicherung gemeinsam und einheitlich Richtlinien
- über die Zusammenarbeit der Pflegekassen mit den Medizinischen Diensten,
- zur Durchführung und Sicherstellung einer einheitlichen Begutachtung,
- über die von den Medizinischen Diensten zu übermittelnden Berichte und Statistiken,
- zur Qualitätssicherung der Begutachtung und Beratung sowie über das Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen,
- über Grundsätze zur Fort- und Weiterbildung.
Die Richtlinien bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung. Sie sind für die Medizinischen Dienste verbindlich.